Promille

 

Beim Vorstellungsgespräch hinterliess sie einen guten Eindruck. Am Telefon lobte der bisherige Arbeitsgeber ihre Leistungen und der Grund für den Stellenwechsel, ein kürzerer und mit öffentlichem Verkehr möglicher Arbeitsweg, schien plausibel.
Während der Probezeit fiel mehrmals auf, dass die neue Mitarbeiterin bereits am Morgen nach Alkohol roch. Für das sorgfältige und gewissenhafte Erledigen ihrer Arbeiten war aber eine alkoholgetrübte Wahrnehmung ein zu grosses Risiko – zudem schadet die Alkoholfahne beim Kundenkontakt dem Image der Einzelfirma.
Der Arbeitgeber hätte die Frau während der Probezeit entlassen können, wollte ihr aber eine Chance geben, allerdings ohne sich unnötig zu binden. Er wandte sich an einen im Arbeitsrecht erfahrenen Anwalt der ihm den Kontakt zu einer spezialisierten Beratungsstelle vermittelte.
Es stellte sich heraus, dass die Frau ein Suchtproblem hatte. Mit Hilfe des Anwalts und in Zusammenarbeit zwischen der Mitarbeiterin und der Suchtberatungsstelle wurden die Bedingungen des Arbeitgebers für das Weiterführen des Arbeitsverhältnisses verbindlich formuliert. Damit war gesichert, dass die Frau eine zweite Chance bekam und von den Fachleuten der Beratungsstelle dabei unterstützt wurde, diese Chance auch zu nutzen.

 

Probezeit: Die allermeisten Arbeitsverhältnisse beginnen mit der Probezeit. Diese darf maximal drei Monate dauern. Während der Probezeit können sich beide Seiten ein Bild voneinander machen: auf Seite Arbeitnehmer, ob die Arbeit gefällt und die Arbeitsbedingungen passen, auf Seite Arbeitgeber, ob eine längere Zusammenarbeit möglich und wünschbar ist.

Image – Zahlreiche Firmen und Einzelunternehmen legen auf ihr Image, die Wahrnehmung von aussen, grossen Wert. Je nach Branche und Betrieb sind die Vorstellungen betreffend den passenden Auftritt und die Wirkung, welche Mitarbeitende auf Kunden ausüben können, sehr unterschiedlich. Es handelt sich um «weiche Faktoren», auch «soft factors» genannt, die mit fachlicher Qualifikation nichts, aber viel mit Erscheinungsbild und Auftreten, Kleidung, Sprachgebrauch, ja sogar mit Ausdünstung und zahlreichen anderen Faktoren zu tun haben. Während der Probezeit kann eine Kündigung ohne Begründung ausgesprochen werden. Nach der Probezeit ist jede Kündigung zu begründen. Eine Kündigung kann, wenn sie mit persönlichen Eigenschaften eines Menschen begründet wird, missbräuchlich sein.

Suchtproblem: In unserer Gesellschaft leben viele Menschen mit Suchtproblemen. Der Umgang mit Mitarbeitenden, bei denen die Sucht eine Auswirkung auf das Arbeitsverhalten und die Arbeitsfähigkeit hat, ist für den Arbeitgeber höchst anspruchsvoll. Die Thematik kann oft nur mit Hilfe spezialisierter Beratungsstellen konsequent bearbeitet werden. Es ist wichtig, Menschen mit Suchtproblemen nicht auszugrenzen, sondern so gut als möglich zu unterstützen. Arbeitgeber könne sich beraten lassen, wie sie in derartigen Fällen vorgehen können.

Nüchtern

Muss man die Dinge nüchtern betrachten?

Quelle: Findet mich das Glück? Peter Fischli; David Weiss