Bau-Projekt gerettet

 

Der junge Architekt hatte das Vorprojekt erarbeitet und die Grundeigentümer zur Beratungsstelle des Bauernverbands begleitet. Die Beratung hatte ergeben, dass das Projekt wirtschaftlich, die Finanzierung gesichert und die Vermietung der Wohnungen zu den kalkulierten Preisen realistisch war.
Wie aus heiterem Himmel kam die Nachricht der Auftraggeber, wegen Hagelschadens im Kulturland und sofortigem Finanzbedarf sei der Entschluss gefallen das Baugrundstück zu verkaufen. Das Projekt der Wohnüberbauung mit Tiefgarage werde deshalb nicht weiterverfolgt.
Der Architekt fragte seinen Rechtsberater, wie er zu seinem ausstehenden Honorar kommen könne. Die ehemaligen Grundeigentümer lehnten nämlich eine Honorarzahlung ab, das Projekt werde ja nun nicht realisiert.
Zuerst lotete der Architekt mit dem Rechtsberater seine Prozesschancen aus. Dann fragte der Rechtsberater, wer denn das Grundstück erworben habe. Es war ein bekannter regionaler Investor. Ob der Architekt schon versucht habe, diesem Investor die vorliegende Planung anzubieten? Nein. Der Rechtsberater empfahl ihm, diesen Weg anzustreben. Falls der Erfolg ausbleiben sollte, könne der Architekt immer noch rechtlich gegen den Bauern vorgehen um sein Honorar einzufordern. Der Kontakt des Architekten mit dem Investor war erfolgreich. Er erhielt den Auftrag, die Planung fortzusetzen, das Projekt auszuführen und auf rechtliche Schritte gegen den Bauern verzichtete er.

Die Entwicklung eines jeden Projekts verläuft in Stufen. In der Bauwirtschaft wurden aufgrund bewährter Erfahrungen diese Stufen in der Ordnung SIA 102 als Projektphasen genau definiert. Dies als Hilfe für die beteiligten Fachleute aber auch für Bauherren ohne besondere Kenntnisse. Alle wissen, wenn sie sich an die dafür entwickelten Begrifflichkeiten halten, wovon die Rede ist. Das „Vorprojekt“ ist eine solche Phase. Bei Abschluss des Vorprojekts ist das Projekt soweit definiert, dass die Bauherrschaft darüber informiert ist, was für ein Bauwerk sie für wieviel Geld (Genauigkeit + 25%) erhält. Sie kann entscheiden ob das Projekt in dieser Form weitergeführt werden soll.

Für seine Leistungen hat der Architekt ein Honorar zu gut, wenn bei der Auftragserteilung nicht ausdrücklich abgemacht wird, dass er gratis arbeitet. Darin unterscheidet sich die Arbeit des Architekten nicht von derjenigen anderer Beauftragter, wie Ärzte oder Anwälte, denn überall muss die geleistete Arbeit mit dem dafür üblichen Honorar abgegolten werden. Ausführliche Regeln zu Leistungen und zum Honorar von Architekten, Ingenieuren und anderen Fachplanern für Bauten finden sich in den SIA Ordnungen 102 und folgende.

Jeder Bauherr hat das Recht ein Projekt abzubrechen. Er hat in diesem Fall den Planern die Honorare für bereits erbrachte Planungsleistungen zu entrichten. Bei Projektabbruch zu Unzeit sogar noch Schadenersatz. Falls bereits Werkverträge abgeschlossen wurden, haben die Unternehmer bei Projektabbruch Anspruch auf Bezahlung des vereinbarten Werklohns abzüglich allfälliger Einsparungen, wenn solche aufgrund der vorzeitigen Beendigung möglich sind. Es kommt vor, dass ein anderer Investor bereit ist, ein Projekt zu übernehmen und zu Ende zu führen – so kann der Projekt-Abbruch vermieden werden.

Alles?

Kann ich alles? Darf ich alles?

Quelle: Findet mich das Glück? Peter Fischli; David Weiss